Heute war einer der schönsten Tage, die ich
mit Moah erlebt habe. Als ich in den Stall kam
ging ich wie immer als erstes zu ihr um sie zu
begrüssen. Ich ging bis auf etwa 2m Distanz zu
ihr und wartete. Hanni war schneller und wollte
unbedingt ein paar Streicheleinheiten, die ich ihr
auch gewährte. Dann wandte ich mich aber
wieder Moah zu, die nun auch zu mir kam. Eifersucht
macht schnell! Ich putzte sie dann und trenste sie
auf. Das Leckerli nach dem Zäumen zeigte
langsam seine Wirkung. Sie hielt den Kopf
schön tief. Ich knotete ihr einen Strick um
den Hals, nahm meine Dressurgerte und ging los. Der
Sattel blieb im Stall.
Oben an der Strasse angekommen hielt ich an um aufzusteigen. Dazu musste Moah erstmal gerade und
ruhig neben der Mauer stillstehen. Sie ging
ständig rückwärts oder wich mit der
Hinterhand aus. Ich stellte sie immer wieder
richtig hin und nach mindestens fünf Minuten
Hin-und-Her konnte ich endlich aufsteigen. Sogleich
lief sie los. Ich wendete und stellte sie nochmal
zurück auf ihren Platz. Erst als sie ruhig
stand ritt ich los.
Ich wollte mit ihr an der Hand arbeiten um ihr zu
zeigen, dass sie nicht soviel Gewicht auf das
rechte Vorderbein zu nehmen braucht. Jemand hatte mir einen Tipp
gegeben, wie ich das angehen solle. Am liebsten
hätte ich auf der Wiese bei der Feuerstelle
gearbeitet, aber da waren schon Leute und darum
ging ich auf den Reitplatz. Ich hatte Glück.
Der Boden war wenigstens für die Arbeit im
Schritt brauchbar. Ich löste das Seil um Moahs
Hals und hakte es am Backenstück des Zaums
ein. Ein Kappzaum wäre besser gewesen, aber
sowas habe ich nunmal nicht. Ich begann auf der
linken Hand mit Moah zu arbeiten und wechselte nach
einigen Minuten auf die rechte. Da ging es schon
weniger gut, aber Moah hat gut mitgemacht und
nach mehreren Handwechseln ging sie da auch
besser.
Schliesslich fand ich, dass wir für den Tag
genug daran gearbeitet hätten und führte
sie an den Rand des Platzes, wo einige Pfähle
auf Autoreifen liegen, so dass man bequem von da
aus aufsteigen kann – wenn das Pferd stillsteht. Genau das wollte ich hier nun üben. Ich
führte Moah nahe an die Pfähle heran und
liess sie anhalten. Falls nötig touchierte ich
ihre Beine bis sie sicher stand, so dass sie auch
stehenbleiben konnte, wenn ich aufstieg.
Spätestens wenn ich mich auf ihrer
Schulterhöhe befand um dann auf die
Pfähle zu steigen ging sie
rückwärts. Fortwährend stellte ich
sie wieder zurück, aber sie wich auch jedesmal
wieder aus.
Nachdem ich sicher zum zwanzigsten Mal korrigiert
hatte, nahm ich die Zügel und lief eine Runde
mit ihr, weil ich denke, dass das bei
konzentriertem Üben eine sinnvolle
Auflockerung für Pferd und Mensch ist. Als ich
wieder bei den Pfosten anhielt und Moah gerade
wieder korrigiert hatte, fiel es mir wie Schuppen
von den Augen: Ich hatte das Wichtigste vergessen
– nämlich das Lob! Sogleich kraulte ich
Moah ausgiebig den Hals, als sie wieder dort stand,
wo ich sie haben wollte und gab ihr ein Gudi. Ich
ging wieder zu ihrer Schulter, sie wollte
ausweichen. Wieder korrigierte ich sie und gab
ihr ein Gudi als sie stand. Eines zuviel, merkte
ich. Sie begann zu betteln und stand wiederum nicht
ruhig, weil sie ständig versuchte, an meine
Hosentasche mit den Leckerli zu kommen. Also gab
ich ihr nichts mehr und kraulte sie zur Belohnung
nur noch am Hals. Nach zwei drei Wiederholungen
bettelte sie nicht mehr.
Schliesslich war es so weit, dass ich auf die
Pfähle stehen konnte. Moah wich aber noch nach
hinten Richtung Reitbahn aus, sobald ich mich
aufrichtete. Ich brauchte eine Begrenzung. Also
legte ich meinen rechten Arm mit der Gerte
über ihren Rücken und legte die Gerte
quer an ihre Flanke. Das zeigte seine Wirkung! Ich
konnte aufrecht neben Moah stehen ohne dass sie
auswich. Ich kletterte wieder von den Pfählen
runter um das Ganze nochmal von vorne zu wiederholen. Moah blieb brav stehen und nach etwa drei
Malen wusste ich, dass ich nun ans Aufsteigen
denken konnte. Erstmal legte ich nur das rechte
Bein auf ihren Rücken, lobte sie und stieg
wieder runter von den Pfählen. Ich führte
sie wieder eine Runde und sprang mit ihr über
einen Baumstamm, der auf dem Reitplatz liegt. Dann
gingen wir wieder zu unseren Pfählen.
In der Zwischenzeit war ein Lastwagen herangekommen
und war gerade dabei gleich neben uns
einzuparkieren. Moah schien das aber egal zu sein.
Ich konnte ohne Probleme auf die Pfähle
stehen und mein rechtes Bein über ihren
Rücken legen. Also stieg ich ganz langsam auf.
Moah tat keinen Wank! Sie stand ganz ruhig da, als
wäre das die natürlichste Sache der Welt.
Ich lobte sie ganz doll, stieg wieder ab und
nochmals auf. Moah stand da wie sie sonst nie
steht: Vollkommen ruhig, ohne den leisesten
Gedanken an vor-, rück- oder
seitwärtsgehen. Die Zügel lagen die ganze
Zeit über auf ihrem Hals. Ich freute mich
riesig und umarmte Moah: «Das hast du
wirklich toll gemacht!»
Nachdem ich etwa eine Minute auf ihrem Rücken
gesessen hatte, legte ich meine Schenkel an und
ritt vom Platz. Auf dem Feldweg oberhalb des Waldes
gabs dann einen flotten Galopp im Schnee und
dann ritten wir nach Hause.
Nachdem ich Moah abgetrenst und geputzt hatte, spazierten wir zusammen durch den Auslauf. Wenn ich meine Sache an einem Tag gut gemacht habe, läuft sie gerne noch ein bisschen mit mir im Stall herum. Sonst zeigt sie nicht mehr viel Interesse an mir, sobald ich sie freilasse. So weit wie gestern ist sie aber noch nie mit mir gegangen. Sie trennte sich nur von mir, wenn Cochise kam und auch gekrault werden wollte. Den schickte ich aber weg. Jetzt war Moah dran. Irgendwann stand ich zwischen Moah und Cochise, kraulte Moah an der rechten Backe und ab und zu bekam auch Cochise etwas ab. So standen sie jedenfalls beide friedlich in der Sonne und Moah genoss es, gekrault zu werden, die Augen halb geschlossen und den Kopf ganz leicht auf meinen Arm abgestützt.