Der Schlaufzügel sollte eigentlich auch dazu dienen, das Pferd in die Dehnungshaltung zu locken. Stattdessen wird er meist leider dazu missbraucht, den Kopf des Pferdes in eine feste Position zu zwingen. Oft wird er auch bei stürmischen Pferden angewandt, um sie besser kontrollieren zu können.
Der Schlaufzügel sieht aus wie ein
überlanger Zügel. Er wird unter dem Bauch
am Sattelgurt befestigt und zwischen den
Vorderbeinen hindurch durch die Gebissringe
geführt. Von da läuft er dann in die Hand
des Reiters. Der Reiter hält also
zusätzlich zu den normalen Zügeln noch
ein zweites Zügelpaar in der Hand. Die
Zügelführung ist jedoch nicht
identisch mit derjenigen beim Reiten auf
Kandare.
Als Longierschlaufzügel wird der
Schlaufzügel wie ein Dreieckszügel
verschnallt, wobei die Wirkungsweise dann mit
diesem identisch ist.
Der Schlaufzügel funktioniert nach dem Flaschenzugprinzip. Der Reiter kann mit demselben Kraftaufwand doppelt so viel Zug auf das Pferdemaul ausüben. Schlaufzügel haben aber bereits durch ihr Eigengewicht eine gewisse Wirkung. Sie täuschen das Gefühl des Reiters extrem. In der Regel treibt und gibt ein Reiter mit Schlaufzügel zu wenig nach, weil die Zugwirkung des Schlaufzügels stark unterschätzt wird. Mit einem Schlaufzügel können mehrere hundert Kilogramm Zug auf das Genick eines Pferdes ausgeübt werden! Bei korrektem Gebrauch hängt der Schlaufzügel grösstenteils durch und macht das Pferd nicht eng im Hals.
Schlaufzügel kann der Reiter jederzeit und so weit als nötig nachgeben, wenn das Pferd sich zu dehnen beginnt. So kommt es nicht hinter die Senkrechte.
Der Schlaufzügel ist sehr anspruchsvoll in der Handhabung. Wer nicht ganz genau weiss, was er tut, kann damit grossen Schaden anrichten. Der Schlaufzügel ist nur etwas für ausserordentlich gute, geschickte Reiter mit viel Gefühl und Sachverstand. Die Tatsache, dass man vier Zügel in den Händen hält, macht den Schlaufzügel schon anspruchsvoll genug. Hinzu kommt noch die Flaschenzugwirkung, welche die Kraft des Reiters vervielfacht. Einem Reiter mit Schlaufzügel ist ein Pferd praktisch wehrlos ausgesetzt. In den Händen des Durchschnittsreiters hat ein Schlaufzügel nichts verloren. Selbst die meisten Profis, die sogar auf Weltklasseniveau reiten, sind nicht in der Lage, einen Schlaufzügel sinnvoll einzusetzen und missbrauchen ihn auf schändlichste Art und Weise. Der Grossteil der Reiter, die den Schlaufzügel einsetzen, bringt das Pferd nur durch mechanischen Zwang dazu im Genick nachzugeben, erreicht mit diesem Hilfszügel aber keine Losgelassenheit.
Der Thiedemannzügel – auch bekannt als Köhlerzügel – ist eine etwas entschärfte Variante des Schlaufzügels.
Am Sattelgurt wird ein Riemen befestigt, der zwischen den Vorderbeinen des Pferdes hindurch läuft. Er teilt sich dann in zwei Enden, die rechts und links durch den Gebissring geführt und dann an an den Zügeln angebrachten Metallringen befestigt werden.
Der Thiedemannzügel verschärft die Zügelhilfen des Reiters, wenn das Pferd gegen den Zügel oder über dem Zügel geht. Sobald die beiden Riemen vor der Brust nicht mehr durchhängen setzt die Wirkung ein. Der Thiedemannzügel vervielfacht dann den Zug genau gleich wie ein Schlaufzügel.
Der Thiedemannzügel ist für den Reiter einfacher zu bedienen als ein Schlaufzügel, weil er nur ein Zügelpaar in der Hand führt. Anders als beim Schlaufzügel kann der Reiter auch nicht stärker einwirken solange das Pferd den Kopf nicht zu weit nach vorne oder oben nimmt – vorausgesetzt der Hilfszügel ist nicht zu kurz eingestellt.
Für Reiter mit unruhiger Hand ist der Thiedemannzügel ungeeignet. In deren Hände kann ein Thiedemannzügel das Pferd nur im Maul stumpf machen. Überhaupt sind Thiedemann- und Schlaufzügel in der Regel nicht gerade förderlich für ein weiches Pferdemaul.
Das Chambon (sprich «Schahbo» mit nasalen Vokalen) wird nur beim Longieren verwendet. Es bringt dem Pferd durch Druck auf Nacken und Maul bei, den Kopf zu senken.
Zum Chambon gehört ein spezielles Nackenstück an dem zwei seitliche Ringe befestigt sind. Das Chambon wird wie folgt verschnallt: Ein Riemen führt vom Sattelgurt zwischen den Vorderbeinen hindurch vor die Brust des Pferdes. Dort sind zwei lange Seile am Riemen angebracht, die durch die Ringe des Nackenstücks laufen und in die Gebissringe eingehakt werden.
Bei hoher Kopfhaltung drückt das Chambon auf das Genick und die Maulwinkel des Pferdes. Sobald das Pferd Kopf und Hals senkt, lässt der Druck nach und fällt bei korrekter Haltung völlig weg.
Dieser Hilfszügel eignet sich sehr gut für Pferde, die Mühe haben, den Hals fallen zu lassen und in die Dehnungshaltung zu finden.
Das Chambon bietet keine seitliche Begrenzung und keine Anlehnung. Es ist nicht so einfach zum Einstellen. Zu lang verschnallt ist es wirkungslos und kann zur Stolperfalle werden. Wird es zu kurz verschnallt kann sich das Pferd festziehen und sich ernsthafte Verletzungen zuziehen.
Das Gogue («Gohg» ausgesprochen) bringt das Pferd über Druck auf das Genick und das Gebiss dazu, Kopf und Hals fallenzulassen und im Genick nachzugeben.
Im Prinzip ist das Gogue eine Variante des
Chambons, die jedoch auch unter dem Reiter
verwendet werden kann. Der Unterschied liegt darin,
dass die Seile nicht in die Gebissringe eingehakt
werden sondern durch diese hindurch wieder
rückwärts führen.
Man unterscheidet zwischen dem unabhängigen
und dem geführten Gogue. Beim
unabhängigen Gogue werden die Seile wieder am
Bauchriemen eingehakt. Beim geführten Gogue
werden sie entweder wie bei einem
Thiedemannzügel an den Zügeln befestigt
oder führen direkt in die Reiterhand = zwei
Zügelpaare wie beim Schlaufzügel oder der
Kandare. Die erste Variante des geführten
Gogues wird auch «Gogue-Zügel»
genannt.
Das unabhängige Gogue wirkt fast gleich wie das Chambon, allerdings mit rückwärtsweisender Wirkung. Das geführte Gogue, das in die Reiterhand führt, kann der Reiter nach Belieben nachfassen oder nachlassen.
Dehnungshaltung ist mit dem Gogue gut möglich, ohne dass das Pferd wie bei vielen anderen Hilfszügeln hinter die Senkrechte gezogen wird.
Das Gogue bietet keine seitliche Begrenzung und keine Anlehnung. Im Vergleich mit dem Chambon fällt vor allem die rückwärtsweisende Wirkung auf. Das geführte Gogue kann bei falscher Handhabung wie ein Schlaufzügel wirken und ist wegen der doppelten Zügelführung recht anspruchsvoll.
Der Halsverlängerer ist ein Hilfszügel aus elastischem Material. Gemeinhin wird er daher oft auch einfach «Gummi» genannt, wobei damit hin und wieder auch andere elastische Hilfszügel gemeint sein können. Der Halsverlängerer soll das Pferd in die korrekte Haltung bringen und ihm durch die Elastizität ermöglichen, sich vorwärts-abwärts zu dehnen ohne hinter den Zügel zu kommen.
Die Mitte des Gummiseils wird über das Genick des Pferdes gelegt. Mittels eines Schiebers kann die Länge eingestellt werden. Die beiden Enden des Seils werden rechts und links durch die Gebissringe geführt und dann entweder unterhalb des Sattelblatts am Sattelgurt befestigt oder zwischen den Vorderbeinen hindurch geführt und unten am Sattelgurt befestigt.
Der Halsverlängerer gibt zwar nach, wenn er gespannt wird, gleichzeitig nimmt aber auch der Druck auf Gebiss und Genick zu.
Keine
Allein schon der Name dieses Hilfszügels ist
irreführend. Er verleitet das Pferd entweder
dazu, gegen den Zügel anzugehen oder –
was häufiger der Fall ist – das Pferd
verkriecht sich hinter dem Zügel und wird eng
im Hals. Keinesfalls lernt es aber mit dem
Halsverlängerer, sich vertrauensvoll
vorwärts-abwärts an das Gebiss
heranzustrecken. Das Problem am
Halsverlängerer ist eben gerade, dass er
elastisch ist, auch wenn das viele Reiter als
Vorteil sehen. Das Pferd kann sich zwar theoretisch
fast endlos dehnen aber es wird dafür nicht
belohnt, sondern bestraft, weil der Zug auf Maul
und Genick zunehmen je stärker das Gummiseil
auseinandergezogen wird.
Du kannst es ganz einfach selber ausprobieren:
Nimm ein elastisches Band und zieh es auseinander.
Du wirst sehen, dass du stärker ziehen musst,
je weiter du das Band dehnst. Dies veranlasst das
Pferd eher dazu, dem Druck nach hinten nachzugeben
als sich vorwärts-abwärts zu dehnen; Oder
aber das Pferd gewöhnt sich an den Druck und
lernt somit sich auf den Zügel zu legen.
Ein weiterer Nachteil ist, dass der
Halsverlängerer bei korrekter Verschnallung
(er hängt in Normalstellung des Pferdes durch)
kaum Einwirkung hat, wenn das Pferd gegen den
Zügel angeht. Er dehnt sich erstmal
gehörig bevor der Druck so stark wird, dass
das Pferd davon beeindruckt ist. Damit es dem Pferd
nicht möglich ist, in dieser
unerwünschten Haltung zu gehen muss der
Halsverlängerer viel zu kurz verschnallt
werden: Man muss ihm dem Kopf schon fast auf die
Brust binden.
Der Halsverlängerer eignet sich also nicht
dazu, dem Pferd die Dehnungshaltung schmackhaft zu
machen. Genausowenig ist er aber zu gebrauchen um
ihm Anlehnung zu geben, da er ständig
nachgibt.
Im Endeffekt trainiert ein Halsverlängerer in
der Regel vor allem den Unterhals des Pferdes,
trägt aber nichts zu seiner Rittigkeit bei.
Die oben genannten Nachteile treffen im übrigen auf alle elastischen Hilfszügel zu, egal ob Halsverlängerer oder Gummiausbindezügel.
Nebenstehendes Foto verdeutlicht die fehlende Einwirkung «dank» Elastizität an einem Dreieckszügel aus Gummiband: Dieser Hilfszügel war eigentlich schon etwas zu kurz eingestellt. Er hing erst durch, wenn das Pferd sich im Hals eng machte und hinter den Zügel kam. In Schritt und Trab blieb der Kopf des Pferdes denn auch dort. Wie man sieht war das Gummiband aber im Galopp völlig wirkungslos. Das Pferd geht mit genau so hoher Kopfhaltung wie wenn es keinen Hilfszügel tragen würde.
Dieser Hilfszügel ist noch nicht so bekannt. Im Handel wird er mit folgenden Worten angepriesen: «Einfach, aber sehr effektiv führt die neue, patentierte ‹Harbridge›-Konstruktion Sie und Ihr Pferd zum losgelösten Reiten hin. Ihr Pferd belastet mit dieser Trainingshilfe über den Weg in die Tiefe auch ohne Ihr Eingreifen verstärkt die Hinterhand. So gelingt die Arbeit über den Rücken in vorbildlicher Haltung. Optimal fördert dies Ihren unabhängigen Sitz und die weiche Zügelführung.»
Der Hilfszügel wird unten am Sattelgurt befestigt und zwischen den Vorderbeinen nach vorne geführt. Er teilt sich dann in zwei Stücke, wovon das eine links, das andere rechts in den Gebissring eingehakt wird.
Bei näherem Betrachten kommt man zum Schluss, dass die Harbridge-Trainingshilfe genau gleich wirkt wie ein Stosszügel. Von vermehrter Belastung der Hinterhand kann nicht die Rede sein. Kein Hilfszügel ist in der Lage, das Pferd ohne reiterliche Einwirkung bzw. Nachtreiben an der Longe vermehrt auf die Hinterhand zu setzen. Ein Hilfszügel wirkt immer nur auf Kopf und Hals des Pferdes. «Kopf runter» allein zieht nur den vorderen Teil des Rückens nach vorne, wölbt ihn jedoch nicht auf und hat erst recht keine Auswirkung auf die Gewichtsaufnahme der Hinterhand. Um ein Pferd korrekt zu reiten oder zu longieren muss die Hinterhand gezielt angetrieben werden. Nur dann verlagert das Pferd sein Gewicht vielleicht auch nach hinten und wölbt den ganzen Rücken auf. Von alleine geht nichts.
Siehe Stosszügel. Einziger Unterschied: Bei diesem Hilfszügel besteht wohl kaum die Gefahr eines unbeabsichtigten Nussknackereffekts.
Siehe Stosszügel