Damit wir uns dem Pferd
besser mitteilen können, müssen wir seine Sprache kennen und wissen, wie es denkt und wahrnimmt. Wenn wir
seine Körpersprache verstehen, verstehen wir auch besser, warum es auf eine bestimmte Weise reagiert und was es uns damit sagt.
Eine der grössten Herausforderungen für uns Menschen ist es, uns dem Pferd gegenüber so eindeutig auszudrücken, dass es versteht, was wir von ihm möchten. Wenn uns das gelingt, genügen feine Anweisungen, denen das Pferd als Herdentier meist gerne folgen wird. Je besser deine Beziehung zu deinem Pferd ist, desto lieber wird es mit dir zusammenarbeiten.
Wie du eine gute Beziehung zu deinem Pferd aufbauen kannst, findest du im Artikel Vertrauen und Respekt beschrieben. Bitte lies auch den Artikel zum Verhalten, dort findest du die wichtigsten Grundlagen über die Lebensweise von Pferden, die dir ebenfalls helfen, Pferde besser zu verstehen.
Ich liste dir hier die wichtigsten «Vokabeln» der Körpersprache auf. Um die Mitteilungen des Pferdes richtig zu deuten, solltest du immer alle Körperteile zusammen berücksichtigen und aus dem Gesamtbild lesen, was dein Pferd sagt.
Denk Dran
|
Pferde können gefährlich werden, wenn sie Angst oder Schmerzen haben. Nimm Drohungen des Pferdes ernst und sei entsprechend vorsichtig! |
Pferde hören gut. Sie hören
allerdings die tiefsten Töne, die wir
hören können, nicht, dafür nehmen sie
auch noch Töne im Ultraschallbereich wahr.
Ihre Ohren sind sehr beweglich, sodass sie sie
unabhängig voneinander in praktisch alle
Richtungen wenden können. Die Ohren sind zudem
ein wichtiges Kommunikationsmittel.
-
Die Ohren zeigen nach vorne: Das Pferd ist
aufmerksam. Es hat etwas gesehen oder
gehört, das vor ihm liegt. Bei der Begegnung
mit einem anderen Pferd oder einem Menschen
bedeuten gespitzte Ohren: «Hallo, ich bin
dir freundlich gesinnt, komm her.»
-
Die Ohren zeigen aufgestllt nach hinten: Das Pferd hört
nach hinten. Beim Reiten bedeutet es,
dass sich das Pferd auf den Reiter konzentriert.
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Die Ohren sind nach hinten angelegt: Das Pferd ist
schlecht gelaunt, wütend, hat Schmerzen, mag
ein anderes Pferd, einen Menschen in der
Nähe nicht. Je flacher das Pferd die Ohren
anlegt, desto deutlicher ist die Warnung:
«Geh weg, gleich beisse
oder trete ich!» Vorsicht!
Auch bei lauten
Geräuschen – Anbrüllen kann auch
dazugehören – legen Pferde die Ohren
flach an um ihr Gehör zu schützen. Das
ist genau dasselbe, wie wenn du dir die Ohren mit
den Händen zuhältst.
-
Die Ohren hängen zur Seite: Entweder döst das
Pferd oder es langweilt sich.
-
Die Ohren sind kalt: Das Pferd ist krank oder
steht unter Schock.
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Das Pferd hat ein Ohr nach vorne und das
andere nach hinten oder zur Seite gerichtet
/ das Pferd bewegt die Ohren hin und her: Es ist
unsicher und horcht in alle Richtungen.
Pferde sehen in der Dunkelheit mehr als wir. Bewegungen erkennen sie
sehr gut, allerdings nur wenn sich dabei
die Form des sich bewegenden Objekts
verändert. Dass sich ein von vorne kommendes
Auto bewegt, ist für ein Pferd also nicht so
leicht erkennbar! Zudem kann es Entfernungen weniger gut
einschätzen als wir.
Pferde verfügen auch über
ein ganz anderes Sichtfeld als der Mensch. Ein
Pferd hat beinahe Rundumsicht. Nur was direkt
hinter ihm oder vor seiner Stirn liegt, sieht es
nicht. Auf dem Foto rechts siehst du violett markiert, welche Bereiche das Pferd sehen kann, wenn es geradeaus schaut. Das Pferd braucht aber nur den Kopf zu
wenden und schon sieht es, was davor ausserhalb seines Sichtfelds lag. So können Pferde ein Raubtier
schon von weitem erspähen und, wenn nötig,
frühzeitig die Flucht ergreifen. Am
schärfsten sehen Pferde Dinge, die sich kurz
vor ihrer Nase befinden und nur in einem Winkel von
etwa 70° vor sich sehen sie mit beiden Augen
und somit dreidimensional.
- Glänzende, lebhafte Augen: Dem Pferd geht es
gut.
-
Das Pferd rollt mit den Augen, man sieht den
weissen Teil des Auges: Das Pferd regt sich
sehr auf, ist in Panik.
Vorsicht!
-
Steile Falte über den Augen: Das Pferd hat
Schmerzen.
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Stumpfe Augen, nach innen gekehrter Blick: Das
Pferd ist krank, hat Schmerzen oder fühlt
sich seelisch nicht wohl.
Pferde haben einen sehr viel feineren Geruchssinn
als wir und er spielt für das Pferd bei der
Wahrnehmung wohl eine recht bedeutende Rolle, was
wir Menschen gern ausser Acht lassen. Gerüche
haben einen sehr grossen Einfluss auf das
Gefühlsleben. So kann auch ein Geruch bei
einem Pferd Angst auslösen.
-
Geblähte Nüstern: Das Pferd regt sich
auf, hat etwas Unbekanntes gesehen, gehört
oder gerochen und ist bereit zu fliehen. Vorsicht!
Oder es
strengt sich sehr an und braucht deshalb mehr
Luft zum Atmen.
-
Kleine Fältchen um die Nüstern: Das
Pferd ärgert sich über etwas oder hat Schmerzen.
- Heftiges Atmen ist ein Zeichen von Anstrengung oder Krankheit. Ein gesundes erwachsenes Pferd macht in Ruhe 8–16 Atemzüge pro Minute.
Das Pferdemaul ist sehr sensibel. Es ist sozusagen die Hand des Pferdes. Tasthaare helfen
dem Pferd, selbst sehr kleine Fremdkörper aus
seinem Futter herauszusortieren. Die Tatshaare
dürfen auf keinen Fall abrasiert oder
gekürzt werden, sie sind ein wichtiges Sinnesorgan!
- Das Pferd hat eine entspannte Maulpartie bei geschlossenen Lippen: Das Pferd ist zufrieden.
- Das Pferd lässt die Unterlippe hängen: Es ist entspannt, wahrscheinlich döst es gerade.
- Das Pferd verzieht die Maulpartie zu kleinen Fältchen: Es ist unzufrieden oder hat Schmerzen.
- Das Pferd macht die Oberlippe lang: Es ist unsicher. Ein sehr ähnlicher Gesichtsausdruck kann auch beim Spielen auftreten. Berücksichtige die Gesamtsituation und den Gesamtausdruck um zu entscheiden, was der Fall ist.
- Das Pferd macht beim Putzen oder Fellkraulen die Oberlippe lang und verdreht sie: Das Pferd geniesst die Körperpflege. Mach weiter!
- Das Pferd knirscht mit den Zähnen: Zähneknirschen ist ein Zeichen für Stress. Es kann aber auch auftreten, wenn mit den Zähnen etwas nicht in Ordnun ist oder andere gesundheitliche Probleme vorliegen.
- Das Pferd bleckt die Zähne: «Gleich
beisse ich!» Vorsicht!
- Das Pferd kaut bei geschlossenem Maul, ohne dass
es etwas frisst, leckt evtl. auch mit der Zunge. Früher sagte man, das Kauen sei ein Zeichen, dass das Pferd über das nachdenkt, was
es gerade gelernt habe. Es wurde auch als Unterwerfungsgeste gedeutet. Heute weiss man dank Untersuchungen, bei denen der Puls gemessen wurde, dass das Kauen und Lecken immer dann auftritt, wenn sich das Pferd nach einem Erregungszustand wieder beruhigt. Dieses Verhalten kann also ein gutes Zeichen sein, wenn es anzeigt, dass sich das Pferd entspannt. Es kann aber auch ein Hinweis darauf sein, dass das Pferd zuvor Stress hatte. Auch hier ist es also wichtig, zu berücksichtigen, wann das Kauen und Lecken auftritt und was die gesamte Körpersprache über das Pferd verrät.
- Das Pferd gähnt: Gähnen ist einerseits
ein Zeichen für Entspannung, sowohl psychisch als auch z.B. als Versuch, die Kiefergelenke zu lockern. Es kann aber auch ein Zeichen von starken Schmerzen sein. Auch hier gilt es also, die Gesamtsituation zu beurteilen.
-
Das Pferd zieht die Oberlippe hoch und streckt
den Kopf nach oben: Dieses Verhalten nennt man
flehmen. Das Pferd hat einen
besonders interessanten Duft gerochen, z.B. der
Hengst den Duft einer rossigen Stute. Durch das
Flehmen werden die Nüstern verschlossen und
die eingeatmete Luft wird in das
Jacobsonsche Organ gesogen, wo dadurch die
Dufstoffe konzentriert werden. Das Jacobsonschen Organ besteht aus zwei Röhrchen von etwa 12 cm Länge
im Innern des Kopfes, mit denen das Pferd
Gerüche wahrnimmt.
Pferde flehmen manchmal auch, wenn sie Schmerzen haben. Achte auf den ganzen Körperausdruck des Pferdes und in welcher Situation es auftritt, um das Flehmen richtig zu deuten.
- Das Pferd kaut mit offenem Maul, ohne dass es
etwas frisst: Das sogenannte Senkrechtkauen ist eine
Unterlegenheitsgebärde, die vor allem Fohlen
und Jungpferde bis zum Alter von etwa vier Jahren
gegenüber älteren, sehr dominanten oder
drohenden Pferden zeigen. Es bedeutet soviel wie:
«Tu mir nichts, es tut mir schon
leid!»
-
Das Pferd schäumt beim Reiten: Das Pferd kaut auf
dem Gebiss und dabei bildet sich Speichel. Das ist übrigens erwünscht,
weil sich dadurch Muskeln in Genick, Hals und
Rücken lockern.
Wissenschaftliche Untersuchungen haben jedoch
auch ergeben dass gleichzeitiges Kauen und
Arbeiten vor allem bei grosser Anstrengung
unangenehm sein kann für das Pferd. Kauen
löst auch einen Schluckreflex aus. Dem Pferd
ist es aber anatomisch nicht möglich,
gleichzeitig zu schlucken und zu atmen.
Übermässige Speichelbildung und
gleichzeitige grosse Anstrengung können
deshalb Panik auslösen.
- Das Pferd kaut beim Reiten hektisch, streckt die Zunge heraus oder bleckt die Zähne: Diese Zeichen weisen darauf hin, dass das Pferd grosse Probleme mit dem Trensengebiss und der Einwirkung des Reiters hat, die sehr wahrscheinlich grob ist.
- Das Pferd hält den Hals angespannt aufgerichtet: Es hat etwas
entdeckt, das seine Aufmerksamkeit erregt. So hat
es einen besseren Überblick. Darum tragen
viele Springpferde den Kopf hoch, um die
Hindernisse besser sehen zu können.
Eine hohe Halshaltung löst ausserdem die
Ausschüttung von Adrenalin aus; einem
Hormon, das den Puls beschleunigen lässt,
leistungsfähiger und vorübergehend
unempfindlicher auf Schmerz macht – einem
den «Kick» gibt. Dadurch ist das
Pferd fähig, nötigenfalls sofort zu fliehen. Senkt das Pferd den Hals, wird das Hormon
nicht mehr ausgeschüttet. Aus diesem Grund
sollte man ängstliche und aufgeregte Pferde
zum Senken des Kopfs animieren. Den Kopf nach
unten drücken oder herunterziehen ist aber
der falsche Weg! Das Pferd würde sich
eingezwängt fühlen und noch
ängstlicher reagieren.
Beim Reiten sind oft auch Schmerzen und
Verspannungen der Grund für eine hohe
Kopfhaltung.
Ist das Pferd angespannt: Vorsicht!
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Der Hals ist aufgerichtet und gebogen, die Stirnlinie liegt
fast an der Senkrechten: Pferde imponieren so
einander. Beim Reiten ist es ein
Merkmal (nicht alleiniges Merkmal!) hoher
Versammlung. Dabei darf aber die Stirnlinie nicht
hinter die Senkrechte geraten sondern sollte sich
etwa eine Handbreit davor befinden.
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Das Pferd streckt den Hals in Bewegung gebogen nach vorne unten: Das
Pferd dehnt die Hals- und Rückenmuskulatur.
- Das Pferd streckt den Hals in nach vorne unten und streckt den Kopf vor: Bei Hengsten ist das eine Drohgeste, mit der sie andere Pferd treiben.
- Das Pferd lässt den Hals hängen: Beim Dösen ist es die normale Ruhehaltung des Pferdes. Es kann aber auch eine Unterlegenheitsgeste oder ein
Anzeichen von Müdigkeit sein.
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Das Pferd hat ein Hinterbein nur auf der Hufspitze
abgestellt: Es ruht sich aus, ist ruhig und
entspannt. In dieser Haltung verbraucht das Pferd
kaum Energie, da praktisch keine Muskeln arbeiten
müssen. Die Sehnen und Bänder tragen das
ganze Körpergewicht.
Es kann aber auch es auch
sein, dass dem Pferd ein Huf oder das Bein weh
tut, und dass es deshalb entlastet.
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Das Pferd hat ein Hinterbein angehoben und zielt
damit nach hinten: Es ist unzufrieden und droht
damit, dass es gleich ausschlagen wird.
Vorsicht!
-
Das Pferd tänzelt unruhig auf der Stelle: Es
ist aufgeregt. Vorsicht!
- Das Pferd scharrt mit den Vorderbeinen: Das Scharren kann ein Zeichen von Ungeduld sein. Das Pferd scharrt aber auch, bevor es sich zum Wälzen hinlegt und bei der Futtersuche.
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Das Pferd schlägt mit einem Vorderbein gegen
die Wand oder in die Luft: Es ist ungeduldig. Bei Hengsten ist dies ein Teil des
Imponiergehabes. Vorsicht!
Pferde zeigen auch mit dem Schweif an, wie sie sich
fühlen.
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Der Schweif ist leicht angehoben und pendelt
locker: «Mir geht es gut, ich bin ruhig und
entspannt.»
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Das Pferd klemmt den Schweif zwischen die Beine:
«Ich habe Angst.»
Vorsicht!
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Das Pferd schlägt mit dem Schweif:
«Ich bin aufgeregt», oder:
«Etwas passt mir nicht.» Vorsicht!
Insekten
werden auch mit dem Schweif vertrieben.
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Der Schweif ist hoch angehoben: «Ich bin
aufgeregt« oder beim Spielen: «Ich
bin übermütig.» Vorsicht!
Bei Arabern und
Arabermixpferden ist diese Schweifhaltung
rassetypisch.