Was du in der Reitstunde auf jeden Fall brauchst, sind die Bahnfiguren, auch Hufschlagfiguren genannt. Sie sind nicht einfach eine Art Kunststückchen, die die Reitstunde interessanter machen, sondern sie haben den Zweck, das Pferd rittiger zu machen. D. h. es soll lernen, besser auf die Hilfen des Reiters zu achten und es soll durch die Übungen geschmeidiger werden sowie sein Gleichgewicht verbessern. Zudem sind Bahnfiguren auch Übungen für den Reiter, der so lernt, sein Pferd exakt zu lenken.
Lass dich nicht entmutigen, wenn du anfangs Mühe damit hast, die Hufschlagfiguren korrekt zu reiten. Gerade Schulpferde machen bei Anfängern nicht immer das, was sie sollen, und probieren sie auszutricksen und zu mogeln. Versuche trotzdem, die Bahnfiguren exakt zu reiten, denn nur so erfüllen sie auch ihren Zweck. Indem du Bahnfiguren reitest, immer wieder die Hand wechselst (d. h. die Richtung wechseln) und nie länger als eine Runde geradeaus ganze Bahn reitest, bekommst du dein Pferd geschmeidig und aufmerksam. Temperamentvolle Pferde werden ruhiger, faule Pferde fleissiger und alle werden besser auf deine Hilfen achten, wenn du sie so beschäftigst. Monotones Rundenreiten bringt Pferde entweder auf dumme Gedanken oder lässt sie die Stunde ohne jede Motivation schlurfend hinter sich bringen. Auch Pferde können sich langeweilen!
Eine Hilfe zum korrekten Reiten der Bahnfiguren sind die Bahnbuchstaben. Sie unterscheiden sich je nachdem, ob du in einer Bahn (so nennt man einen Reitplatz oder eine Halle) reitest, die 20 m × 40 m misst (das ist die normale Grösse) oder in einer, die 20 m × 60 m gross ist (Dressurviereck).
Die Buchstaben in der 20 × 40 m-Bahn sind:
A–D–X–G–C Diese fünf Buchstaben bilden die Mittellinie. Nur A und C sind angeschrieben, die anderen Punkte musst du dir denken, weil sie mitten in der Bahn liegen. X liegt genau in der Mitte der Bahn. D liegt zwischen K und F, G zwischen H und M.
K–E–H Diese drei Buchstaben liegen an der einen Längsseite der Bahn. K liegt auf derselben Höhe wie D; E auf derselben Höhe wie X; und H auf der gleichen wie G.
F–B–M liegen an der anderen Längsseite der Bahn. F gegenüber D und K; B gegenüber X und E; M gegenüber G und H.
Auf dem Dressurviereck gibt es noch sechs zusätzliche Bahnpunkte, die zwischen den oben genannten liegen. P, L und V auf der A-Hälfte der Bahn und R, I und S auf der C-Hälfte.
Hufschlag nennt man die ausgetretene Spur entlang der Wand, die du siehst, wenn die Bahn nicht kürzlich geebnet wurde. Es gibt einen äusseren und einen inneren Hufschlag. Der innere Hufschlag (auch zweiter Hufschlag genannt) liegt etwa ein bis zwei Meter von der Wand entfernt, der äussere (erster Hufschlag) führt an der Wand entlang rund um die Bahn. Übrigens: Was man in den meisten Reitschulen nicht erkennt: Beim Reiten auf dem Hufschlag werden die Ecken ausgeritten. D.h. man reitet so lange wie möglich an der Wand entlang. Viele Reiter und Pferde kürzen jedoch ab und so sieht der Hufschlag dann eher wie ein Oval aus.
Um das Pferd nicht einseitig zu belasten und die Geschmeidigkeit auf beiden Seiten zu erhalten, wechselt man immer wieder die Richtung. Hier siehst du einige Möglichkeiten dazu. Die roten Kreise zeigen jeweils die Stelle an, wo du umsitzen musst, wenn du leichttrabst.
Durch die
Länge der Bahn wechseln
Durch die Breite der
Bahn wechseln
Kehrtwechsel
Diagonal durch die ganze
Bahn wechseln
Diagonal durch die
halbe Bahn wechseln
Volten sind Kreise. In Deutschland nennt man Volten mit mehr als 10 m Durchmesser Zirkel. In der Schweiz wird meist alles, was rund ist als Volte bezeichnet. Man sagt dann dafür grosse (20 m) oder kleine Volte. In Österreich spricht man von grossen und kleinen Touren. Ich werde hier die Schweizer Bezeichnungen verwenden. Volten reitet man nicht kleiner als 6 m. Das entspricht etwas mehr als einem Viertel der Bahnbreite. Es gibt drei grosse Volten. Die A-, die C- und die Mittelvolte. Auf der A-Volte reitest du nur beim Buchstaben A auf dem Hufschlag und kurz vor F und kurz nach K (wenn du auf der rechten Hand reitest, sonst genau umgekehrt). Oft sind auf den langen Seiten der Bahn zwei schwarze Punkte an die Bande gemalt, die sogenannten Zirkelpunkte. Das sind die Stellen, wo du beim Reiten einer Volte auf den Hufschlag kommen solltest. Auf dem Viereck 20 m x 40 m entspricht der Durchmesser der grossen Volte der Strecke A–X, bzw. C–X. Reitest du auf der grossen Mittelvolte, kommst du bei E und B an die Wand.
Grosse Volte (Grosse Tour / Zirkel)
In der Volte
wechseln (Durch den Zirkel wechseln)
Aus der Volte
wechseln (Aus dem Zirkel wechseln)
Kleine Volte (Kleine Tour / Volte)
In der Volte wechseln (durch den Zirkel wechseln) führt zu einem Handwechsel. Auf der offenen Seite der Bahn (dort, wo keine Wand ist) wendest du kurz vor X ab (oder auf der Höhe von X auf dem 20 m x 40 m Viereck) und reitest eine halbe 10 m-Volte. In der Mitte der Volte stellst du dein Pferd gerade und dann reitest eine halbe 10m-Volte in der Gegenrichtung zur ersten. Auf einer Volte ist das Pferd nach innen gebogen. Weil du nun die zweite Volte in die Gegenrichtung reitest, musst du das Pferd auch in die entgegengesetzte Richtung biegen. Den Vorgang von «Biegen – Geradestellen – Biegen in die Gegenrichtung» nennt man «umstellen». Nach der halben 10m-Volte reitest du nun wieder auf der grossen Volte. Du kannst dir auch vorstellen, eine Art S zu reiten.
Bei dieser Figur reitest du, wenn du auf der A-Volte bist, auf der offenen Seite die Volte bis zur Mittellinie fertig und dann wechselst du auf die C-Volte (bei Viereckgrösse 20 m × 40 m, sonst auf die Mittelvolte) – Wie wenn du eine Acht reiten würdest, nur dass du dann auf der C-Volte bleibst und nicht mehr auf die A-Volte zurückkommst. Auch hier musst du dein Pferd auf der Mittellinie umstellen.
Diese Figur wird im Aussitzen geritten. Beim Volte-Verkleinern reitest du zu Beginn auf der grossen Volte und treibst dein Pferd dann schneckenförmig zur Mitte der Volte, bis du eine Zehn-Meter-Volte um den Voltenmittelpunkt reitest. Pass auf, dass dein Pferd nicht langsamer wird dabei. Dann treibst du das Pferd wieder am inneren Schenkel nach aussen, bis du dich wieder auf der grossen Volte befindest. Das Pferd bleibt während der ganzen Übung nach innen gebogen.
Je mehr Bögen eine Schlangenlinie hat (maximal 6), desto schwieriger ist sie und desto mehr muss sich das Pferd in der Wendung biegen. Kurz bevor du jeweils die Mittellinie kreuzt, richtest du dein Pferd gerade. Sobald du über die Mittellinie geritten bist, stellst du es um, so dass es leicht nach innen schaut. Wenn du während einer Schlangenlinie leichtreitest, musst du dort zusätzlich umsitzen (auf den Zeichnungen durch rote Kreise gekennzeichnet). Ist die Anzahl der Bogen ungerade, reitest du vor und nach der Schlangenlinie auf derselben Hand. Ist sie gerade (ausser bei zwei Bogen), reitest du danach auf der anderen Hand. Du machst also einen Handwechsel. Auf der linken Hand reiten bedeutet, deine linke Hand zeigt zur Bahnmitte, wenn du dem Hufschlag entlang reitest, die rechte Hand zeigt zur Wand. Reitest du auf der rechten Hand, ist deine rechte Hand innen und die linke aussen.
Einfache
Schlangenlinie
Doppelte
Schlangenlinie
Schlangenlinie durch
die ganze Bahn in drei Bogen
Schlangenlinie durch
die ganze Bahn in vier Bogen
Schlangenlinie durch
die ganze Bahn in fünf Bogen
Schlangenlinie durch
die ganze Bahn in sechs Bogen
Bei der Vorhandwendung tritt das Pferd mit den Hinterbeinen im Kreis um die Vorderbeine, die während der Wendung fast auf der Stelle treten. Für diese Lektion hältst du auf dem zweiten Hufschlag an, ca. 2 bis 3 m von der Wand entfernt, damit das Pferd nicht mit dem Kopf gegen die Bande stösst. Für eine Wendung von der rechten auf die linke Hand nimmstu du die Gerte in die linke Hand. Gib dem Pferd Stellung nach links (es schaut leicht zur Wand). Den rechten Schenkel legst du verwahrend hinter den Gurt. Lege den linken Schenkel ebenfalls hinter den Gurt und treibe damit das Pferd schrittweise nach rechts herum, bis es wieder auf dem Hufschlag steht. Wenn dein Pferd zu eilig herumtritt, fängst du den Schwung jeweils mit dem verwahrenden rechten Schenkel ab. Will das Pferd einen Schritt nach vorne machen, gibst du eine annehmende Zügelhilfe. Es soll auf der Stelle treten. Für eine Vorhandwendung von links nach rechts sind die Hilfen genau umgekehrt.
Zu Beginn wirst du das Rückwärtsrichten aus dem Halt ausführen. Lege beide Schenkel eine Handbreite hinter den Gurt
und treibe das Pferd mit Schenkel- und Gewichtshilfen
nach vorne. Damit das Pferd nicht vorwärts
geht, lässt du die Zügel stehen oder nimmst sie für einen Moment
leicht an. Das gut ausgebildete Pferd
weicht nun nach hinten aus. Sobald es rückwärts
geht, gibst du nach. Allenfalls musst du die
Zügel erneut annehmen, darauf muss aber immer eine
nachgebende Zügelhilfe folgen. Bei jungen Pferden
gehst du mit dem Oberkörper ein wenig vor um den
Rücken zu entlasten. Später sollte das
Rückwärtsrichten aber bei aufrechterem
Oberkörper geritten werden können.
Übrigens: Die Trittfolge beim
Rückwärtsgehen ist dieselbe wie im Trab. Das
Pferd geht immer mit dem diagonalen Beinpaar einen
Schritt nach hinten und nicht mit jedem Bein einzeln.
Unter Pferden ist Rückwärtstreten ein Zeichen
der Unterordnung. Dominante Pferde gehen deshalb oft
nicht gerne rückwärts. Andere Pferde empfinden
Rückwärtstreten schnell als Strafe. Darum
sollte man es mit dieser Lektion nicht übertreiben, obwohl sie eine hohe gymnastizierende Wirkung hat.