Bei der Bodenarbeit wird vor allem über
Körpersprache gearbeitet.
Dabei sollte dir eines klar sein: Wohl muss das
Pferd auch lernen, deine Signale zu verstehen, aber
im Grunde genommen bist in erster Linie du der-
oder diejenige, der lernen muss. Nur eindeutige
Signale wird das Pferd richtig deuten können.
Beim Üben der fürs Pferd
verständlichen Körpersprache kannst du
dich darum ganz aufs Pferd als Lehrmeister
verlassen. Es zeigt dir genau ob du es richtig
machst oder nicht. Achte auf die Reaktionen des
Pferdes! Das Pferd geht seitwärts statt
rückwärts? Dann hast du die falsche Hilfe
gegeben. Dafür weisst du jetzt, was du tun
musst, damit das Pferd seitwärts tritt. Je
nach dem wo du stehst, treibst du das Pferd
nämlich in unterschiedliche Richtungen. Manche
Pferde sind hier besonders heikel und fordern von
dir absolut klare Hilfen, andere nutzen nicht
gleich jeden Fehler aus. Deswegen sind die
erstgenannten Pferde aber nicht etwa die
Bösen! Sieh sie als Chance, besonders viel zu
lernen. Schon mancher Reiter hat an einem einzigen
etwas anspruchsvolleren Pferd mehr gelernt als an
zwanzig braven.
Pferde sind prima Lehrmeister – nicht nur was
die Körpersprache anbelangt. Pferde
können dich Geduld und Kreativität
lehren. Probleme lassen sich selten dadurch
lösen, dass man das Pferd schlägt. Es
gibt bessere Lösungen, aber manchmal sind
mehrere Versuche nötig, bis du die passende
Lösung gefunden hast. Habe den Mut, nach
solchen Lösungen zu suchen. Schimpfe nicht auf
das Pferd, habe Geduld und suche weiter.
Ein Mailbekannter schrieb mir, er versuche,
Probleme mit dem Pferd nicht als
«Problem» sondern als
«Rätsel» zu sehen. Das
ist, finde ich, ein sehr schöner Gedanke. Er schrieb, er sei so viel
weniger gestresst, wenn etwas nicht klappt und k�nne lockerer nach L�sungen suchen.
Pferde lehren dich, selbstsicher zu sein und verhelfen dir so zu mehr Selbstbewusstsein. Selbstbewusst sein heisst nicht, dass man sich für besonders toll hält. Es bedeutet, dass du dir dessen bewusst bist, was du tust, dass du weisst, wo deine Stärken und Schwächen liegen, kurz: dass du weisst, wer du bist. Körpersprache hat sehr viel damit zu tun. Vertraue deinem Pferd; Es wird dir sehr genau zeigen, wo deine Stärken und Schwächen liegen, wenn du dich darauf einlässt. Bemühe dich, Fehler nicht beim Pferd sondern bei dir zu suchen. Das Pferd kann nichts dafür, wenn es dich falsch versteht, weil du ihm widersprüchliche Signale gibst. Dieselben Signale sendest du übrigens auch im Umgang mit deinen Mitmenschen aus! Was du bei den Pferden lernst, kann sich auch im Alltag ausserhalb des Pferdestalls bemerkbar machen.
Erzwinge nichts! Viele Dinge lernt ein Pferd nicht von heute auf morgen. Du wirst aber die Erfahrung machen, dass du um so schneller weiter kommst, je geduldiger du bist. Ein Sprichwort besagt, dass wenn du etwas in fünf Minuten erreichen willst, du eine Stunde dafür brauchst. Und wenn du dir eine Stunde Zeit nimmst für das Pferd, klappt es in fünf Minuten. Nicht du gibst das Arbeitstempo vor, sondern das Pferd! So lehrt dich das Pferd Geduld, Rücksichtnahme und Durchhaltewillen.
Gib stets dein Bestes, die Pferde werden dich dafür belohnen! Lerne dich zu beherrschen, auch wenn du wütend bist, weil etwas nicht klappt. Es geht nicht besser, wenn du dich aufregst – im Gegenteil. Bleibe fair und versuche, auch den Standpunkt des Pferdes zu verstehen, wenn ihr einmal nicht einer Meinung seid. Vielleicht wirst du so auch einmal erkennen, dass du falsch liegst und gibst dem Pferd recht.
Als Schlusswort möchte ich hier einen Satz von Nuno Oliveira anfügen, den ich zu meinem persönlichen Motto im Umgang mit Pferden erkoren habe:
«Ich bemühe mich, mein Bestes zu
geben,
damit die Pferde in ihrer Sanftmut wohl
über mich urteilen
und damit Harmonie walte,
getragen vom Einvernehmen zwischen zwei
Lebewesen.»