Ab dem Alter von etwa zwei Jahren wird die Stute regelmässig im Abstand von etwa 21 Tagen rossig. In dieser Zeit kann sie von einem Hengst ein Fohlen aufnehmen. Man sollte eine Stute aber nicht schon in diesem jungen Alter das erste Mal decken lassen. Sie befindet sich noch im Wachtsum und zu frühe Trächtigkeit kann z.B. zu einem Senkrücken führen. Von Natur aus liegt die Hauptpaarungszeit im Juni. Die Fohlen werden im nächsten Frühling geboren, wenn viel eiweissreiches Gras zur Verfügung steht.
Es gibt drei Möglichkeiten zu decken: Decken
an der Hand, der Natursprung oder künstliche
Besamung. Beim Decken an der Hand werden Stute und
Hengst festgehalten. Der Stute werden oft sogar die
Hinterbeine gefesselt, damit sie nicht ausschlagen
kann, was Stuten vor der Paarung oft tun, wenn sie
noch nicht bereit sind. Die Paarung dauert nur ein paar Minuten, danach werden die Pferde wieder getrennt.
Beim Natursprung kommen die
Stute(n) und der Hengst zusammen auf eine Weide.
Dort können sie sich kennenlernen und sich von
Menschen ungestört paaren. Die Befruchtungsrate ist beim Natursprung besonders hoch.
Bei der künstlichen
Besamung haben Stute und Hengst keinen Kontakt
zueinander. Mit einer Kanüle wird der Samen
des Hengstes in die Gebärmutter der Stute
gebracht. Die Vorteile dieser Methode sind, dass die Stute wenig Stress hat, weil sie nicht zu einem Hengst in einem anderen Stall reisen muss, und das
Verletzungsrisiko am geringsten ist. Allerdings
kann man sich fragen, ob es ethisch vertretbar ist,
die Fortpflanzung alleine auf die Reproduktion zu
reduzieren ohne das ganze Paarungsritual, das in
der Natur dazu gehört.
Auf diesen Bildern seht ihr den Vollblutaraberhengst Shaheed Ibn Shammar vom Gestüt El Sabu beim Decken auf der Weide. Zuerst will er die Stute kennenlernen und läuft mit ihr über die Weide. Dann beschnuppert er sie am ganzen Körper. Wenn die Stute nicht paarungsbereit wäre, würde sie sich das nicht gefallen lassen und den Hengst schlagen und beissen. Diese Stute ist jedoch paarungsbereit. Das sieht man an den gespreizten Hinterbeinen und dem angehobenen Schweif. Schliesslich springt der Hengst auf die Stute und deckt sie.
Herzlichen Dank für diese Fotos an Nicole Kumpf.
Die Trächtigkeit dauert etwa elf Monate. Die Stute darf in der Zeit weiterhin rücksichtsvoll geritten werden. Wenn sie nicht mehr galoppieren oder traben möchte, sollte man darauf verzichten. Ebenfalls sollte man ihr nach dem Abfohlen eine Reitpause gönnen, damit sich die durch die Trächtigkeit veränderten Organe wieder zurückbilden können.
Einen Tag vor dem Abfohlen sieht man an den Zitzen
der Stute dicke gelbliche Milchtropfen, die
Harztropfen. Wenn es dann soweit ist, beginnt die
Stute zu schwitzen und läuft unruhig hin und
her. Sie kann die Geburt aber noch um einige
Stunden hinauszögern, wenn sie sich nicht
sicher genug fühlt.
Zum Gebären legt sich die Stute hin. Zuerst erscheinen die Vorderhufe, dann der Kopf des
Fohlens. Ist erst mal die Brust draussen, kommt der
Rest des Fohlens schnell nach. Es ist meistens noch
von der Eihaut umhüllt, die dann aber
über der Nase reisst. Die Stute leckt dem
Fohlen über die Nase, damit allfällige
Eihautreste es nicht beim Atmen behindern. Die
Nabelschnur reisst, wenn die Stute aufsteht, um das
Fohlen trocken zu lecken.
Wenige Minuten nach der Geburt versucht das Fohlen
aufzustehen. Ein gesundes Fohlen kann sich nach
einer Stunde auf den Beinen halten und hat
spätestens zwei Stunden nach der Geburt die
Zitzen der Mutter gefunden. Die erste Milch, die
Biestmilch, ist besonders wichtig. Sie enthält
neben den Nährstoffen auch Immunstoffe und
Antikörper, die das Fohlen vor
Infektionskrankheiten schützen.
Vier Stunden nach der Geburt scheidet die Stute
die Nachgeburt aus. Wenn diese nicht vollständig
ausgeschieden wird, kann das zu Infektionen und
Hufrehe führen. Innerhalb von zwei Tagen
scheidet das Fohlen zum ersten Mal Kot aus. Dieser
Kot ist ziemlich übelriechend und wird
Darmpech genannt.
In den ersten Tagen lässt die Stute keine
anderen Pferde an ihr Fohlen heran. Erst wenn es
die Stimme, den Geruch, die Bewegungen und das
Aussehen seiner Mutter kennt dürfen sich ihm
andere Pferde nähern. Das Fohlen zupft zwar
schon an ersten Grashalmen, aber Milch ist noch die
Hauptnahrung.
Mit zwei Monaten spielt das Fohlen schon lieber
mit den anderen Fohlen als mit seiner Mutter. Nach
etwa drei Monaten trinkt es nicht mehr soviel
Milch, aber es braucht sie noch bis es sechs Monate
alt ist. Viele Fohlen werden in diesem Alter schon
von ihrer Mutter getrennt. Dies ist für beide
eine seelische Tortur, denn in der Natur bleibt das
Fohlen fast ein Jahr lang bei der Mutter bevor sie
es vertreibt. In diesem Alter fällt ihm die
Trennung dann auch nicht mehr schwer. Die Beziehung
zu seiner Mutter ist nicht mehr sehr eng und es hat
unter den gleichaltrigen Herdenmitgliedern Freunde
gefunden.
Es ist ausserordentlich wichtig, dass Fohlen in
einer Herde aufwachsen. Sie können sonst
verhaltensgestört werden und sind später schwierige Pferde, weil sie nie gelernt haben,
sich unterzuordnen. Ohne Altersgenossen spielen sie
auch weniger, denn die älteren Pferd sind
nicht mehr so übermütig wie Fohlen.
Spielen ist für Fohlen aber wichtig. Nicht
nur, weil sie dabei das Sozialverhalten lernen,
sondern auch weil dabei Muskeln und Sehnen
gekräftigt und Kondition aufgebaut wird.
Jährlinge kommen zusammen auf eine Jungpferdeweide. Dort lernen sie Verhalten in der Herde. Hengstfohlen sind als Einjährige geschlechtsreif und werden meistens kastriert – ausser sie sollen später in der Zucht eingesetzt werden. Stuten werden mit zwei Jahren das erste Mal rossig. Die Pferde wachsen in diesem Alter sehr stark und oftmals ungleichmässig. Wie bei Menschenkindern auch ändern sich ihre Proportionen ständig und sie sehen manchmal etwas ungelenk aus.
Mit drei Jahren haben die meisten Pferde annähernd ihre endgültige Grösse erreicht. Sie sind aber noch lange nicht ausgewachsen! Bis zum Alter von etwa sieben Jahren wächst das Pferd noch in die Länge und die Breite, manche legen auch noch einmal in der Höhe zu. Ab drei Jahren kann man in der Regel mit der schonenden Ausbildung zum Reitpferd beginnen. Anreiten sollte man das Pferd frühestens mit dreieinhalb bis vier Jahren. Psychisch sind 3-jährige Pferde immer noch Kinder, auch wenn sie oft schon sehr erwachsen aussehen. Im Zweifelsfall sollte man dem Pferd noch etwas mehr Zeit geben, bevor man mit der Ausbildung beginnt. Wer seinem Pferd genügend Zeit für seine körperliche Entwicklung gibt, hat später länger ein gesundes und leistungsfähiges Pferd! Einige Rassen, z.B. Shetlandponys, Isländer und viele Kaltblüter sind spätreif und sollten erst mit vier oder fünf Jahren angeritten werden, sonst können sie irreparable Knochenschäden davontragen.
Ab etwa sechzehn Jahren sind Pferde nicht mehr so leistungsfähig. Dieses Alter ist jedoch sehr unterschiedlich und hängt unter anderem davon ab, wie das Pferd gehalten, ausgebildet und geritten worden ist. Wie hoch die Lebenserwartung eines Pferdes ist, entscheidet sich bereits bei der Aufzucht des Fohlens. Heutzutage werden fast alle Pferde mindestens 20 Jahre alt und viele können bis 30 oder noch älter auch noch (schonend) geritten werden. Ponys werden durchschnittlich älter als Pferde. 30-jährige Ponys sind keine Seltenheit. Die geringste Lebenserwartung haben Sportpferde. Sie werden oft schon früh eingeritten und stark beansprucht, so dass manche nicht mal zehn Jahre alt werden.
Alte Pferde müssen regelmässig vom Tierarzt untersucht werden. Besonders die Zähne müssen kontrolliert werden und je nach dem braucht das Pferd spezielles Futter. Bei alten Pferden entstehen Gruben über den Augen, weil das Bindegewebe erschlafft, sie bekommen weisse Haare am Kopf, die Bemuskelung nimmt ab, die Zähne sind, wenn überhaupt, oft nur noch als Stummel vorhanden. Alte Pferde haben oft Mühe mit dem Fellwechsel. Trotz allfälliger Wehwehchen freuen sie sich meistens noch über ihnen angepasste Beschäftigung.