Wozu?Am Zügel oder laufen lassen?Sitz im Gelände
ArbeitsphasenÜbungen

Ist dir Dressur im Viereck zu langweilig und du gehst lieber ins Gelände? Oder bist du so dressurbesessen, dass dir blosses Ausreiten zu fad ist? Oder fehlt dir ein Reitplatz? Dann verlege die Dressurarbeit doch einfach ins Gelände!

Dressur im Gelände – wozu?

Jedes Pferd sollte gymnastiziert werden, dammit es körperlich in der Lage ist, einen Reiter unbeschadet zu tragen. Dressur dient aber nicht nur der Gymnastizierung. Sie ist notwendig, um ein leichtrittiges, aufmerksames und gehorsames Pferd zu erhalten. Und gerade das ist aus Sicherheitsgründen im Gelände eigentlich zwingend erforderlich! Viele Pferde gehorchen auf dem Viereck sehr gut, neigen aber dazu, im Gelände den Reiter weniger ernst zu nehmen. Dem kann man entgegenwirken, in dem man auch einige Übungen in einen Ausritt einbaut. So lernt das Pferd, dass es auch auf dem Ausritt auf den Reiter achten muss.
Das Gelände bietet zudem erweiterte Arbeitsmöglichkeiten: Bodenunebenheiten trainieren Trittsicherheit, Gleichgewicht und Aufmerksamkeit, Hügel und Senkungen können dem Pferd eine Übung erschweren oder erleichtern. Pferd und Reiter sind im Gelände oftmals motivierter und sehen eher einen Sinn in den Übungen. Beispielsweise ein Slalom um Bäume erscheint wohl beiden sinnvoller als Schlangenlinien in der leeren Reitbahn – und hat dieselbe gymnastizierende Wirkung!

Am Zügel oder laufen lassen?

Die dressurmässig korrekte Haltung ist nicht reiner Selbstzweck! Im Gegenteil: Sie befähigt das Pferd, den Reiter möglichst schonend zu tragen. Gerade auf längeren Ausritten kann es doch nur im Sinn von Pferd und Reiter sein, ohne übermässige Anspannung auszukommen. Die korrekte Haltung dient der Gesunderhaltung des Pferdes, denn ob es nun Dressurarbeit auf dem Reitplatz macht oder auf einem Spazierritt im Gelände unterwegs ist, ändert nichts an der Tatsache, dass es einen Reiter auf seinem Rücken trägt, obwohl es nicht zum Lastentragen geboren ist. Es spielt keine Rolle was oder wo wir reiten – so lange wir reiten, sollten wir uns auch bemühen, das Pferd in eine zweckmässige Haltung zu bringen. Erst recht bei Pferden, die nicht regelmässig dressurmässig gearbeitet werden und die folglich nicht über die entsprechend starke Muskulatur verfügen, sollte man im Gelände auf eine gute Haltung achten. Ein Auge zudrücken dürfte man allenfalls bei Pferden, die fast täglich gymnastiziert werden und entsprechend gekräftigte Muskeln haben.
Natürlich darf das Pferd im Gelände in einem erweiterten Rahmen gehen. Es sollte aber stets über den Rücken gehen, also entweder vorwärts-abwärts oder in Arbeitshaltung. (Siehe «Anatomisch richtig reiten« und «Über den Rücken gehen»)

Sitz im Gelände

Du solltest dich aber nicht nur um die Haltung deines Reittiers bemühen sondern auch um deine eigene. Auf einem Ausritt kann man entspannen, das ist richtig. Die Entspannung betrifft aber in erster Linie die Gedanken. Die Seele darfst du im Gelände gerne baumeln lassen, in locker-(nach-)lässiger Körperhaltung hingegen wirst du für das Pferd zum unbequemen, schweren Kartoffelsack. Wie schon gesagt: Der Pferderücken ist nicht zum Lastentragen geschaffen. Wenn wir uns schon auf das Pferd setzen, dann so, dass unser Gewicht möglichst gut verteilt ist und wir das Pferd nicht in seinen Bewegungen stören.

Arbeitsphasen im Gelände

Reite auch im Gelände die Übungen überlegt. Das Pferd muss sich auch im Gelände erst aufwärmen und lösen können bevor du anstregende Übungen verlangst. Reite also (wie im Viereck) anfangs einfache Lektionen mit geringer Biegung und in frischem Tempo. Anspruchsvollere Übungen folgen erst, wenn das Pferd warm, aufmerksam und gelöst ist. Höre auch rechtzeitig auf, sodass du das Pferd auf dem letzten Stück bis zum Stall trockenreiten kannst.

Übungen

Schau dich ein wenig im Gelände um und überlege, wie du die gegebene Umgebung nutzen könntest. Mit ein bisschen Fantasie findet man meist viele Stellen, die sich für Dressurübungen nutzen lassen.

Punktgenaues Reiten

Im Gelände fehlen dir zwar Bahnbuchstaben, dafür findest du jede Menge anderer Dinge, an denen du dich orientieren kannst. Eine ganze Parade beim Parkschild, ein Übergang vom Trab in den Schritt beim nächsten Baum …
So kannst du auch auf einem Ausritt deine Hilfengebung und den Gehorsam deines Pferdes bestens überprüfen.

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Vorhandwendung

Zäune, Hecken und am Boden liegende Baumstämme sind natürliche Begrenzungen. Evtl. gibt es sogar irgendwo ein Gatter, das du öffnen musst. Warum nicht mal vom Pferd aus versuchen? Da merkst du schnell, wie zuverlässig und gehorsam es ist.

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Zirkel verkleinern/vergrössern

Reite Zirkel und Volten um freistehende Bäume (oder was auch immer). Der deutlich sichtbare Kreismittelpunkt erleichtert das exakte Reiten der Figur.

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Slalom

Zwischen mehreren Bäumen kannst du im Slalom reiten. Es macht nichts, wenn die Bäume nicht genau in einer Reihe stehen. Das Pferd wird sich um die Bäume herum wahrscheinlich besser biegen lassen als in der leeren Reitbahn.

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Schenkelweichen und Seitengänge

Auf Wegen kannst du Schenkelweichen und Seitenänge üben. Du kannst dabei dem Wegrand etlang reiten oder vom einen Wegrand zum anderen hin und her reiten. Auch hier können Hecken und Zäune als optische Begrenzung gute Dienste leisten.

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Buchtipps

Werner Jost: Dressurreiten im Gelände

Kosmos Verlag, ISBN 13: 978-3-440-10230-5, ISBN 10: 3-440-10230-0

Daniela Bolze: Dressurübungen im Gelände – Gymnastizierung ohne Bahn und Halle

Cadmos Verlag, ISBN: 3861275392